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- Goethes Bildungsvorstellungen
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Goethe leitete in Weimar viele Ministerien, aber seine Bildungsvorstellungen entwickelte er (nur) in seinen Schriften.
Seit dem 18. Jh. rückte der Erziehung die Bildung zu Seite. Diese Bildung definierte sich aus der ständischen Gesellschaftsordnung.
Goethe ist kein Erziehungspraktiker. Er folgte Winkelmanns Bildungsideal einer sittlichen und ästhetischen Harmonie, einem Gleichgewicht von Natur, Humanität und Anstand, Genie, Geist und Stärke. Nur das ergebe, so Goethe, eine Totalität, die höchste Form menschlicher Schönheit.
Anfangs neigt Goethe Rousseaus „Natürlichkeit“ zu, später subsumiert er Pestalozzi: Bildung erfolgt nach Stand. Auch der Arme wird geschult, erhält eine praktische Ausbildung. Nach Goethe solle Jugend nicht zu früh gezähmt werden, Paukbetrieb lehnt er ab. Er favorisiert die Anschauung. In seiner „Pädagogischen Provinz“ („Wilhelm Meisters Wanderjahre“) lernt man vom Einfachen (Handarbeit) zum Speziellen (Geistesarbeit) hin. Denken solle auch die drohende Mechanisierung des Lebens abwehren. Pädagogisches Kernelement ist Ehrfurcht: vor Gott, Eltern, Lehrern, vor der Natur, vor den Mitmenschen.
Das Individuum gelange, so Goethe, nur in seinem Bezug zur Gemeinschaft zur angestrebten „Totalität“. Nicht die Individualität, sondern seine Subjektivität habe ein solch „totaler“ Mensch abgestreift.
Die Heimatliteratur verbreitet sich seit dem 19. Jh. als Pendant zur Verstädterung und Industrialisierung, das Bodenständig-Heile, der überschaubare ländliche Lebensraum, kontrastiert mit dem kapitalistischen Urbanen. Zugleich werden Redlichkeit und Intellektualität konfrontiert. In der (rassistischen) „Volksdichtung“ kulminiert die Kontrastierung.
Das breiter angelegte heutige „Regionalliteratur“, das u.U. auch Kunstliteratur ist, ist weniger charakterlich als topographisch akzentuiert (James Joyce „Ulysses“). Es soll dem Heimatlichen den Ruch des Trivialen nehmen, verlässt aber die ursprüngliche Intention des Genres.
Die anfänglichen Themen der H. sind in markanten Naturräumen angesiedelt (Gebirge, See …), breiten sich aber weiter aus. Entsprechend sind sie ein Hort der Mundart, was im Hinblick auf Sprachtradition und -pflege ein Gewinn ist.
Eine funktional gebundene, örtlich fixierte Art der H. sind die vielen geförderten lokalen Festspiele wie z.B. die Dinkelsbühler „Kinderzeche“ oder der Rothenburger „Meistertrunk“. Diese Feste sind Anlass zur Identifikation mit der raumeigenen Historie und vermitteln ein Gemeinschaftsgefühl. Die Besinnung auf die eigene Besonderheit ist eine Alternative zur gesellschaftlichen Vermassung und globalisierten Kulturnivellierung.
(red.) ( … )
So verdeutlichte Roland Schreyer auch anhand von Textbeispielen aus den letzten 200 Jahren den Inhalt und die Entwicklung der Begriffe „Heimatliteratur“ und „Regionalliteratur“. Die abschließenden zusammenfassenden Thesen von Schreyer machten zugleich die fließenden Übergänge zu benachbarten Begriffen deutlich.
Schreyer wies dabei auf die Gegensätzlichkeit der eher trivialen Heimatliteratur des 19. Jahrhunderts zu der heutigen, eher der Traditionspflege oder der Präzisierung des eigenständigen Charakters einer Region dienenden Literatur hin
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Wer oder was ist der Heilige Geist? Die Bibel geizt mit seiner Erwähnung. Auf die Frage nach ihm folgen in der Regel vernebelnde Antworten. Warum misst das Christentum dem schattengleichen Phänomen dennoch eine so wichtige Rolle in der Dreieinheit zu?
Das junge Christentum präsentiert wie die zeitgleich lang schon bestehenden Religionen gleichfalls ein dreifaches Gottesbild. Die vorchristliche Fruchtbarkeitsgöttin aber soll aus der patriarchischen Dreieinheit verbannt bleiben. Man erfindet den Heiligen Geist.
Doch die weibliche Gotteskomponente bricht sich Bahn. Die christliche Maria, erst kaum beachtet, wird vom einfachen Glaubensvolk zunehmend verehrt, als Vertreterin der Fruchtbarkeit, in enger Anlehnung an die vorchristlichen Fruchtbarkeitsgöttinnen (Magna Mater, Astarte, Ischtar etc.) und an deren tradierte Symbole (Taube, Mond, Muschel …), deren Merkmale beibehalten bzw. ihr wieder zugeschrieben werden. Maria absorbiert die dem Heiligen Geist zugedachten Charakteristika in ihrer Person, ist mit ihm zu einer wesensgleichen Idee geworden. Sie nimmt heute wieder die Rolle der Gottesmutter ein im Sinne der vorchristlichen Trinität Gottvater / Gottmutter / Gottsohn.
Maria also ist die Große Mutter der kulturellen Frühzeit, und sie birgt die Idee des Heiligen Geistes in sich. und globalisierten Kulturnivellierung.
Seit über 200 Jahren versucht das Bürgertum per spezifischer Literatur seine Kinder streng moralvermittelnd auf den gewünschten Weg zu bringen. Der anfangs unverblümten Moralpredigt der Aufklärung folgt ab Beginn des 19. Jh. der Versuch, die Bedürfnisse der kleinen Leser zu berücksichtigen. Und immer mehr teilt sich der Lesestoff in einen spezifisch jungen- und mädchenbezogenen. Nach wie vor steht die Lebenslehre im Vordergrund. Die Wende zum 20 Jh. sieht realistischere Texte, soziale Missstände tauchen als Thema auf. Human-orientierte und nationalistische, zeitweilig auch proletarisch-revolutionäre Stoffe beginnen zu konkurrieren.
Heute dominieren drei intentionale Richtungen. Erstens eine traditionsfixierte, die mit Simplifikation und Schein-Sicherheiten arbeitet. Zweitens eine aus der 68er-Bewegung stammende, die die Veränderungsbedürftigkeit der Gesellschaft betont und revolutionäre Lösungen nicht ausschließt. Drittens eine, die sich um Humanisierung der Gesellschaft bemüht, die emanzipative Ideen anregt, die herrschende Gebote und Verbote konstruktiv hinterfragt, die zum Beispiel auch Sensibilität für die Umwelt erzeugt. Texte dieser Richtung greifen auch Vorurteilsprobleme und die Behandlung Nichtintegrierter auf.
Herrschaftswillkür könne nur durch einen „weisen und aufgeklärten Souverän“, also durch das Wohlwollen des Fürsten vermieden werden.
Die französische Revolution spaltete die deutschen Denker. Die den Revolutionären folgenden Intellektuellen wie Georg Forster oder A.J. Hofmann sahen im Volk selbst die einzige Kraft, die feudal-klerikalen Ketten zu sprengen.
Nach Eroberung von Mainz im Oktober 1792 half dort ein Jakobinerklub, die „Gesellschaft der Freunde der Freiheit und Gleichheit“, die Stadt zu verwalten. Die bisherigen Machthaber sammelten Verbündete zur Rückeroberung. Im März 1793 wurde ein freies Parlament frei gewählt. Die Republik war gegründet. Das Ende der feudalen Rechtsverhältnisse wurde erklärt. Man übernahm französische Vorstellungen. Die Jakobiner der Stadt versuchten den Zögernden die Freiheitsidee nahezubringen. Hilfsmittel waren Flugblätter und Presse. Die idealistischen Aufklärer waren in Gefahr an den Verhältnissen zu scheitern. Um zu überleben, schloss sich die Stadt an Frankreich an. Frankreich ließ die Republikaner aber aufgrund veränderter Zustände im Stich. Der bisherige Regent, Erzbischof und Kurfürst Erthal, kehrte im Herbst 1793 zurück. Die erste Republik auf deutschem Boden war beendet.
Viel gescholten, auch ein bisschen verkannt: DIE GARTENLAUBE. Seit 1853 ist sie der liberale Ausdruck bürgerlich trivialisierten Fortschritts. Sie wird von Ernst Keil, dem freisinnigen, demokratischen und deshalb verfolgten Kritiker der deutschen Restaurationspolitik gegründet und in hoher Auflage vertrieben.
Zwar präsentiert sie sich anfangs im Tonfall poesiegeschwängerter gutdeutscher Gemütlichkeit und will sich aus allen Streitfragen heraushalten, erhebt aber, biedermännisch getarnt, liberale Forderungen. Kontakte zu Louise Otto, Robert Blum etc. bestehen, und so wird hier auch auf Fabrikantenwillkür und die unerträgliche Arbeitssituation von Frauen hingewiesen.
Keils und seiner Autoren Sympathie gehört zwar den Armen und Unterdrückten, nicht aber den anarchistisch eingeschätzten Tendenzen der aufbegehrenden Arbeiterschaft. Der Antisozialist Keil konzentriert sich lieber auf die Dichter der Befreiungskriege. Das Nationalbewusstsein wird geweckt. Und er redet einer Wohltäter-Sozialität das Wort. Spätestens ab Ende der sechziger Jahre ebnet er dem Kapitalismus den Weg. Er setzt sich für gesündere und gebildetere Jugendliche ein – weil die Industrie solche Arbeitskräfte benötige …